15.07.2016

Die richtige Baumpflege in der passenden Jahreszeit

By: Heiner Löchtkeken

Mit großer Regelmäßigkeit stehen Verantwortliche kommunaler Baumbestände vor einem Widerspruch, wann der richtige Zeitpunkt für Baumpflegearbeiten ist. Das der gewissenhafte Baumpflegeschnitt nicht im Winter, sondern im Sommer durchgeführt werden sollte steht dabei im ständigen Konflikt zum § 39 BNatSchG und entsprechenden Landesausführungsgesetzen. Diese oberflächliche Betrachtung führt dazu, dass fachgerechte Baumpflege im Gegensatz zum Gesetz steht und auf die baumphysiologischen Besonderheiten keine besondere Rücksicht genommen werden kann.

Winterzeit ist Gehölzpflegezeit!?

Da die Ressourcen durch Wege- und Straßenbau, Rasen- und Grünflächenpflege, und durch viele andere Arbeiten im Sommer ohnehin oft ausgelastet sind, ist nachzuvollziehen, dass kaum jemand daran interessiert ist dieses Dogma in Frage zu stellen. Eine genauere Betrachtung macht allerdings deutlich, dass man weitgehend beidem gerecht werden kann.

Ausnahmslos im Winter sollten Arbeiten stattfinden, wenn der tatsächliche Gehölzwert des einzelnen Baumes eher einen sekundären Charakter hat. Darunter fallen Bäume, die sich in einer Gehölzstruktur unterordnen, wie Wall- und Feldhecken, Heckenraine, Landschaftshecken und Straßenbegleitgehölze (nicht Straßenbäume!). Hier ist die Kronenpflege der Bäume ebenso wie ein starker Rückschnitt und das `auf den Stock setzen´ in der Zeit vom März bis September zweifelsfrei nicht sinnvoll. Die Gehölze können diese Schnittstellen im Winter zwar schlecht abschotten und Pathogene verursachen umfangreiche Fäule, jedoch hält sich der Schaden in Grenzen. In einigen Jahren wird dieser Busch oder Strauch erneut zurückgeschnitten und die primäre ökologische Funktion wird durch Fäule oder Pilze nicht geschmälert. Einzelne Bäume werden Defekte, wie Höhlungen, Risse und Fäulen entwickeln, die aber gleichzeitig dem Habitat -Schutz dienen. Mit kritischer Verkehrssicherheit werden solche Bäume gefällt und jüngere Bäume nehmen deren Stelle ein. So müssen an dieser Stelle die baumbiologischen Bedenken zurückgestellt werden und man darf feststellen: Wallheckenpflege ist Winterarbeit!Solitär-, Park- und Straßenbäume, sowie Naturdenkmale.

Differenzierter muss die Baumpflege an Solitär – Bäumen betrachtet werden. Dazu zählen neben den Straßenbäumen auch Parkbäume, Naturdenkmale und andere Solitärbäume. Aber auch einzelne Bäume und Baumgruppen außerhalb der typischen kommunalen Infrastruktur haben als prägende Landschaftsbestandteile einen höheren Gehölzwert. Wenn eine hypothetische Beseitigung eines einzelnen Baumes das Landschaftsbild merkbar verändert, sollten Pflegearbeiten vorrangig dem Erhalt des Baumes dienen. Auch an diesen Bäumen sind Maßnahmen denkbar, die in den Wintermonaten durchgeführt werden können. Die Totholzentnahme ist da ähnlich zu bewerten wie Kronensicherung, weil besonders an alten Exemplaren diese Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Das sich in diesen Bäumen deutliche Habitatstrukturen für verschiedene Fledermausarten, aber auch Höhlenbrüter befinden, ist bei einer Anzahl von Höhlen und Risse möglich. Baumphysiologische Bedenken gegen eine Ausführung dieser Arbeiten im Winter existieren dagegen nicht. Kronenpflege besser im Sommer!Schnittarbeiten bei Bäumen sollten jedoch innerhalb der Vegetationszeit durchgeführt werden. Dazu zählen die Jungbaumpflege, Lichtraum – Profilschnitte, verschiedene Kronenpflegeschnitte, Kronenauslichtung und i.d.R. Sondermaßnahmen wie Kronenregenerationsschnitt und Einkürzungen. Im Nenner sind dies allesamt Schnittmaßnahmen, bei denen ins lebende Splintholz geschnitten wird. Mit Hilfe effektiver Abschottung kann der Baum diese Schnitte und die Schäden die daraus resultieren eingrenzen. Der Fachmann spricht vom CODIT – Prinzip [1], wenn die Wundreaktionen vor allem bei Laubbäumen von lebenden Zellen bestimmt werden. Da diese Zellen im Winter kaum aktiv sind, erfolgt eine bedeutend engere und bessere Abschottung um Sommerschnitte.

Der Sommerschnitt steht im Zusammenhang dieser Maßnahmen nicht unbedingt im Widerspruch zum Artenschutz.Diese Pflege betrifft oftmals Jungbäume und Bäume am Beginn der Reifephase und  relevante Habitatstrukturen findet man bei jungen Bäumen seltener.

Baumpflege im Sommer

Die Einschätzung, dass Baumpflege in den Sommermonaten sinnvoller ist, ist nicht neu.  Deshalb sieht der § 39 (5) BNatSchG eine Ausnahme vor, die schonende Form- und Pflegeschnitte zur Gesunderhaltung von Bäumen erlaubt. Allerdings grenzen einige Landesausführungsgesetze und örtliche Baumsatzungen diese Möglichkeit insofern wieder ein, dass entsprechende Maßnahmen von Behörden genehmigt werden müssen. Für diesen Verwaltungsakt können überzeugende Begründungen sehr hilfreich sein. U. Pietzarka stellte in BAUMPFLEGE – BAUMBIOLOGISCHE GRUNDLAGEN UND ANWENDUNG gegenüber, in welchen Monaten verschiedene Gründe für und gegen einen Pflegeschnitt sprechen. Betrachtet wurden dabei Faktoren für ungünstige Zeiträume z.B. wegen Saftdruck, Artenschutz, Austriebszeit, Sonnenbrandgefahr, des Entfernens von Reserven, Pilzinfektionen und Starkfrösten. Dagegen stellte er vorteilhafte Zeiträume wie die Zeiten schnellerer Wundheilung, effektiverer Kompartimentierung, Totholz- und Habituserkennbarkeit. In Summe schnitten die Monate März und vor allem April für Baumpflegemaßnahmen als äußerst ungünstig ab. Die Vorteile überwiegen deutlich in den Monaten Juni bis September.Fachgerechter Gehölzschnitt und SchnittführungNicht nur der richtige Schnittzeitpunkt ist für die Gesunderhaltung kommunaler Baumbestände wichtig. Der Baumpfleger muss sich vor allem einen Grundsatz ständig klar machen: Jeder Schnitt bedeutet eine Verletzung des Baumes und jede Verletzung zieht Folgen im Holzkörper nach sich. Und: der beste Schnitt ist der überflüssige und weggelassene. Dienstanweisungen und kommunale Richtlinien berücksichtigen das in sogenannte Vermeidungsgebote. Etwas provokant und mit Blick auf manche beratende Baumpflegefirmen stellte ein geschätzter Experte mal öffentlich fest, dass Baumpflege eine äußerst lukrative Form des Vandalismus sei. Auch wenn nicht jedermann diese Einschätzung vollständig teilt, greifen Vermeidungsgebote in der Praxis oft viel zu wenig. Der in der Richtlinien erwähnte Maximal-Schnittumfang wird jeweils oft als `Soll´ umgesetzt. Hilfreich ist da eine Information, welchen Hintergrund der empfohlene Pflegeschnitt hat. Wenn der Baumkontrolleur dies nicht erwähnt, muss sich der Baumpfleger die Arbeit machen dies zu hinterfragen.

(Heiner Löchteken, derBauhofleiter 2016)

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