Nachhaltige Baumpflege

Fachgerechter Gehölzschnitt und Schnittführung
Nicht nur der richtige Schnittzeitpunkt ist für die Gesunderhaltung kommunaler Baumbestände wichtig. Der Baumpfleger muss sich vor allem einen Grundsatz ständig klar machen: Jeder Schnitt bedeutet eine Verletzung des Baumes und jede Verletzung zieht Folgen im Holzkörper nach sich. Und: der beste Schnitt ist der überflüssige und deshalb weggelassene.
Dienstanweisungen und kommunale Richtlinien berücksichtigen das in sogenannten Vermeidungsgeboten. Etwas provokant und mit Blick auf manche beratende Baumpflegefirmen stellte ein geschätzter Experte mal öffentlich fest, dass Baumpflege eine äußerst lukrative Form des Vandalismus sei. Auch wenn nicht jedermann diese Einschätzung vollständig teilt, greifen Vermeidungsgebote in der Praxis oft viel zu wenig. Der in Richtlinien erwähnte Maximal-Schnittumfang wird jeweils oft als `Soll´ umgesetzt. Hilfreich ist da eine Information, welchen Hintergrund der empfohlene Pflegeschnitt hat. Wenn der Baumkontrolleur den Grund nicht erwähnt, muss sich der Baumpfleger die Arbeit machen diesen zu hinterfragen.

Arbeitsweisen

Schnittmaßnahme: Totholzbeseitigung im Winter oder Sommer
Die Totholzentnahme dient ausschließlich der Wiederherstellung der Verkehrssicherheit. Zu entfernen sind in dem Zuge abgestorbene Schwach-, Grob- und Starkäste, die den Verkehr gefährden können. Äste unter 3 cm Durchmesser können im Baum verbleiben. Eine prophylaktische Entnahme von Ästen ist nur in seltenen, begründeten Fällen sinnvoll und der Schnitt eines Starkastes, an dem sich mehrere Totäste gebildet haben ist zwar arbeitstechnisch nachvollziehbar aber falsch. Ebenso ist die Entfernung gesunder Äste verboten, um die Erreichbarkeit des Einsatzortes in der Baumkrone mit einer Hubarbeitsbühne zu verbessern.
Die effektivste Totholzbeseitigung bei Baumreihen wird mit einer hochwertigen (und möglichst leichten) Teleskop - Stangensäge aus einer kleinen Ein-Mann-Arbeitsbühne heraus erreicht. Diese Sägen benötigen bei Starkästen oft nur zwei bis vier Züge und der Baumpfleger muss mit dem Arbeitskorb nicht jeden Ast direkt anfahren, da das enorm viel Zeit kostet. Der Vorteil einer Motorsäge kehrt sich mit diesen Gesichtspunkten schnell zum Nachteil um, zumal eine Motorsäge gemäß der ZTV - Baumpflege überhaupt erst ab Grobaststärke erlaubt ist.
Besonders in einzelnstehenden Bäumen bewegen sich geübte Baumkletterer überraschend schnell und geschickt durch die Baumkrone. Bei größeren Exemplaren muss man berücksichtigen, dass eine Arbeitsbühne die Baumkrone von mindestens zwei, manchmal auch drei Standorten anfahren muss. Im direkten Vergleich ist die Hubarbeitsbühne nur dann schneller, wenn von einem Standort mindestens zwei Bäume angefahren werden können, oder wenn es sich um eine Bühne handelt, die sich mit dem noch angehobenen Korb versetzen lässt.
Die Schnitttechnik der Totholzpflege ist grundsätzlich einfach erklärt. Der Baum hat den toten Ast mehr oder weniger effektiv abgeschottet. Der Schnitt muss im abgestorbenen Bereich erfolgen und darf das gesunde und lebende Splintholz nicht verletzen. Auf verletzungsfreie Astringe ist dabei besonders zu achten (s.o.). Die i.d.R. pilzbefallenen Schnittflächen von Totholz werden unabhängig ihrer Größe grundsätzlich nicht mit Wundbehandlungsstoffen bestrichen, da sich das gleichmäßig feuchte Milieu unter der Abdeckung nachteilig für den Baum auswirkt [1]
Kronenpflege und Kronenauslichtung in der Vegetationszeit
Hintergrund dieser Maßnahmen ist es Fehlentwicklungen zu beheben. So werden z.B. Zwieselbildungen und sich kreuzende Äste frühzeitig erkannt und entfernt oder besonders dicht verzweigte Kronen ausgelichtet. Besonders wichtig ist das Augenmaß bei diesen Arbeiten, denn ein `zu viel´ fördert die Bildung von Wasserreisern oder richtet sogar irreparablen Schaden an. Um die Phase 4 nach dem CODIT-Prinzip, also die Einkapselung der Wunden zu erreichen, dürfen die Schnittflächen nicht zu groß sein. So sind Schnitte über 5 cm bei schlecht abschottenden Arten wie Birke, Pappel und einige Spitz-Ahorne (schwache Kompartimentierer) unbedingt zu vermeiden, da dann nur die Phase 3 erreicht werden kann und die Fäule sich dauerhaft weiterentwickelt. Bei effektiv abschottenden Arten wie Buche, Eiche und Linde ist es maximal zu verantworten, bis zu 10 cm starke Äste zu schneiden, jedoch muss der Habitus berücksichtigt werden und es darf insgesamt nicht zu viel Kronenvolumen entfernt werden. Der Baumpfleger muss bedenken, dass der Baum seine Energie nicht etwa aus Düngegaben erhält, sondern primär aus der Photosynthese. Wenn ein falsch geschnittener Baum Reïterate (Wasserreiser) bildet, muss der Baum - Energiehaushalt ebenso bedacht werden. Im Extremfall sollte die Maßnahme `entfernen von Wasserreisern´ in zwei Etappen durchgeführt werden.
Weiter zählen die Entfernung von absterbenden, kreuzenden und reibenden Ästen sowie Erfordernisse des Baumumfeldes wie Lichtraumprofilschnitte zu diesen Arbeiten. Es empfiehlt sich, die Notwendigkeit dieser Arbeiten in einem Bestand frühzeitig und regelmäßig zu prüfen, um nicht mit umfangreichen und schädlichen Großmaßnahmen, sondern in kleinen Schritten eine Fehlbildung zu vermeiden. Besonders sensibilisierte Baumkontrolleure sind an dieser Stelle enorm wichtig. Wenn sich eine (noch nicht vorhandene) Fehlbildung im Schwachastbereich abzeichnet, kann er diese Maßnahme anstelle der Totholzentnahme empfehlen. Baumkatasterprogramme helfen dem Kontrolleur, auf die erkannte Fehlbildung explizit einzugehen. Die Kosten erhöhen sich dann überschaubar im Verhältnis zur reinen Totholzentnahme, allerdings wird der Zeitpunkt der Maßnahme auf die Sommermonate verlegt. Da die Entfernung von Totholz je nach Baumart in absehbarer Zeit erneut zu erwarten ist, sind auch umfangreichere Pflegeschnitte in mehreren Etappen gut planbar.

Stamm- und Stockaustriebe sowie Kopfbaumpflege

Allzu schnell sollte man nicht dem Gedanken verfallen, dass diesen Maßnahmen keine Beachtung geschenkt werden müsste. Schließlich handelt es sich um Reïterate mit entsprechend geringen Durchmessern. Baumbiologisch ist der ideale Termin dieser Maßnahmen innerhalb der Vegetationszeit. Besonders bei effektiven Kompartimentierern, wie beispielsweise Linden, Eichen, Platanen und anderen ist das Entfernen dieser jungen Triebe weniger problematisch. Linden zeigen vielfach lästige Stockaustriebe, die insbesondere im Verkehrsraum und für die Baumkontrolle regelmäßig entfernt werden müssen. Baumphysiologisch vergleichbar sind diese Arbeiten mit der Kopfbaumpflege (nicht Kappung!), also der regelmäßigen und vollständigen Beseitigung aller Jahrestriebe. Diese Pflege ist in manchen Gegenden eine spezielle und seit Jahrhunderten praktizierte Erziehungsform. Wenn Reïterate von geringem Durchmesser mit einem scharfen Messer, Rosenschere oder Handsäge entfernt werden, ist in diesen gut versorgten Köpfen, Maserkröpfen oder Wulstbereichen eine sehr effektive und kurzzeitige Abschottung zu erwarten. Wichtig ist dabei, dass die Wucherungen nicht verletzt werden. Motorsägen sind für diese Arbeiten ebenso tabu, wie der Freischneider an den Stockaustrieben.
Dass schlecht abschottende Kopfweiden ebenso im Winter gepflegt werden und nicht selten auch stärkere Ständer entfernt werden, ist zwar baumbiologisch ein Desaster, aber ökologisch nützlich. Die Verkehrssicherheit spielt bei derartigen Bäumen oft eine untergeordnete Rolle, aber die z.T. hohlen und morschen Stämme sind Habitate für unzählige Wildtiere.
Ein guter Kompromiss wird erreicht, wenn die Arbeiten mit dem Laubfall oder unmittelbar nach Laubfall durchgeführt werden und die Temperaturen über – 5° C liegen.

Etwas vorsichtiger wird der kompetente Baumkontrolleur und Baumpfleger, wenn an einem alten Baum viele Stammaustriebe entstanden sind und sich eine Sekundärkrone entwickelt. Vor allem, wenn sich diese Reïterate nicht auf Wunden und Wülste beschränken. Hier lohnt es sich den gesamten Baum anzusehen. Wenn alte Bäume nicht mehr in der Lage sind, die vorhandene Krone zu versorgen, wird in der oberen Baumkrone viel Totholz gebildet. Der Baum bildet eine neue, zurückverlegte Sekundärkrone da er die Reïterate besser versorgen kann. Es lohnt sich, dass ein versierter Baumspezialist hinzugezogen wird, um entweder das Potential des sog. `Retrenchment Pruning´ zu nutzen, oder nachhaltige und schwerwiegende Probleme festzustellen, die jegliche Investitionen in Frage stellt.

Sondermaßnahmen

Die Arbeiten der Spezialisten!
In der Praxis zeigen sich Sondermaßnahmen als die am meisten falschverstandenen und sollten unbedingt von ausgewiesenen Baumfachleuten begleitet und durchgeführt werden. Es geht dabei um die begründete Einkürzung von Kronenteilen, die nicht zwangsläufig ausschließlich den Grobast- und Schwachastbereich betrifft. Der arttypische Habitus und physiologische Erfordernisse des Baumes sollen Berücksichtigung finden. Oft sind Sondermaßnahmen jedoch Opponenten zur Baumfällung und werden als kleineres Übel wahrgenommen. Dem zur Folge beschwert sich auch niemand, wenn mal rabiater vorgegangen wird als der Nutzen es verlangt. Leider empfehlen unsichere Baumkontrolleure wegen fehlerhafter Interpretation der statischen Abschätzung lieber großzügigere Schnittmaßnahmen. Die Praxis zeigt weiter, dass weniger erfahrene Baumpfleger diese Prozentangaben erneut eher überschreiten, um dem Vorwurf unvollständiger Auftragserledigung aus dem Wege zu gehen. Diese alltägliche Konstellation macht deutlich, dass Sondermaßnahmen von Experten empfohlen und von hoch qualifizierten Baumpflegern ausgeführt werden müssen. In vielen Dienstvorschriften werden Sondermaßnahmen zu Recht mit sogenannten Vermeidungsgeboten belegt. Der Baumkontrolleur muss schlüssig argumentieren können, warum ein Kronenregenerationsschnitt erforderlich ist.
Kronenregenerationsschnitt in der Vegetationszeit: Wenn ein greiser Baum damit beginnt im Kronenzentrum Reïterate auszubilden, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass die Grundversorgung der vollständigen Krone zu aufwendig ist oder die verfügbaren Ressourcen der Wurzeln die Versorgung nicht (mehr) leisten können.  Sukzessiv zur Entwicklung dieser Sekundärkrone beobachtet man im Kronenmantel dann vermehrte Totholzbildung. Der Baum baut seine Krone um und sichert damit sein Überleben. Aus Gründen der Verkehrssicherheit muss der Baumpfleger in den meisten Fällen einschreiten, da das Totholz sehr regelmäßig entfernt werden muss. Da diese regelmäßigen Maßnahmen für eine sichere Baumerhaltung in Summe sehr kostenintensiv sind, wird ein Kronenregenerationsschnitt empfohlen, der diesen Umbau in einer oder zwei Pflegemaßnahmen abkürzen kann. Es wird vor dem Schnitt der Schädigungsgrad festgestellt und die mögliche Ursache ermittelt. Daraus wird der Umfang der Reduzierung im Kronenmantel bestimmt. Die Astschnitte nach der Schnittregel `Schnitt auf Zugast´ (Regel Nr. 5) bewegen sich erstrangig im Feinast- und Schwachastbereich (1 – 3 cm bzw. 3 – 5 cm). Weiter werden Totäste, die nicht selten bereits stärkere Astdurchmesser aufweisen fachgerecht entfernt. Auf Schnitte im Starkastbereich wird verzichtet, was diese Maßnahme sehr arbeitsintensiv macht. Die Baumerhaltung steht im Vordergrund.
Einkürzung von Kronenteilen und Kroneneinkürzung in der Vegetationszeit und zur Gefahrenabwehr in Ausnahmefällen im Winter: Die häufigste Begründung dieser Maßnahme ist eine statische Unsicherheit des Baumes. Auf Grundlage der Kronensegelfläche des Baumes kann nicht eindeutig belegt werden, dass die Stand- und Bruchsicherheit auch stärkeren Windlasten standhält. Durch eine reduzierte Krone und die dem entsprechend kleinere, vom Stamm zu absorbierende Windlast, kann die Bruch- und Standsicherheit des Baumes wieder nachgewiesen werden.
Die Reduzierung der Krone verändert vor allem die Höhe des Lastschwerpunktes. So können sichelförmige Kronenreduzierungen von 3 % bis 5 % in der Höhe bereits beachtliche Reserven deutlich machen und der Baum gilt wieder als sicher. Die Empfehlung einer Kroneneinkürzung ohne die vorhergehende statische Berechnung und Begründung muss als fachlicher Fehler gewertet werden. Leider geben trotzdem viele Kontrolleure die Maximalreduzierung von 20 % (nach ZTV-Baumpflege)  oder einen aus der Luft gegriffen Wert von 10 % oder 15 % an. Ein irreparabler Baumschaden ist die Folge, da eine derartige Kroneneinkürzung nur durch Starkastschnitte erreicht werden kann.
Die Schnitte sollten nach Regel Nr. 5 auf Zugast erfolgen. Dieser Baumschnitt dient der Baumerhaltung und Starkastschnitte sollten nur in begründeten Ausnahmen stattfinden.
Kronensicherungsschnitt im Winter: Wenn ein Baum sehr schwer geschädigt ist und mit anderen Mitteln keine Stand- und Bruchsicherheit hergestellt werden kann, kann dieser Baum in stark eingekürzter Form beispielsweise als Habitatbaum dienen. Wenn die Voraussetzung einer geringen Lebenserwartung erfüllt ist, muss auf den arttypischen Habitus nicht unbedingt Rücksicht genommen werden. Diese Maßnahme dient der Wiederherstellung der Verkehrssicherheit und nicht unbedingt der Baumerhaltung. Die Schnitte werden dementsprechend im Grob- und Starkastbereich durchgeführt. Ein Schnitt auf Versorgungsast (Regel Nr. 5) kann das vollständige Absterben des Baumes noch Jahre oder Jahrzehnte verzögern und sollte eingehalten werden. Letzteres ist der entscheidende Unterschied zur Kappung.
Kappung: Die Kappung, also das Schneiden von Starkästen und Stämmlingen ohne Rücksicht auf den Habitus und ohne Beachtung sämtlicher Schnittregeln ist keine fachgerechte Pflege. Kappung ist eine Baum(Sach-) – beschädigung! Starkastschnitte ohne oder mit deutlich zu kleinen Versorgungsästen (Ø < 1/4) werden ebenso als Kappung bewertet.

Schnittführung

Die richtige Schnittführung
Auf die Schnittführung ist bei der Baumpflege besonders zu achten, wenn lebende Äste entfernt werden. Die ZTV-Baumpflege (Regelwerksausschuss „ZTV-Baumpflege“, 2006) sollte als Pflichtlektüre für den Baumpfleger gelten. Aber auch andere Regelwerke beschreiben verschiedene Situationen plausibel in Bild und Wort.

Regel Nr. 1) Als Astring bezeichnet man die stammnahe Verdickung des Astansatzes. Oft entsteht der Astring, wenn das sekundäre Dickenwachstum mangels Ressourcen im Ast reduziert ist. Der Astansatz bleibt jedoch gut versorgt und hebt sich im Querschnitt hervor. Oft beobachtet man dies an tiefen schattigen Ästen innerhalb der Krone, die nach wenigen Jahren absterben. Man nennt diese Wulst auch `Abschiedskragen´. Ist ein Astring erkennbar, kann sich eine Verthyllung oder Pfropfung ausgebildet haben und die Abschottung in axialer Richtung zum Stamm wird unterstützt. Außerdem ist der Astring gut versorgt und die Phase 4, also die Einkapselung der Schnittwunde, wird durch Überwallung schnell erreicht.
Schnittregel: Damit erklärt sich, dass jede Verletzung an dieser Stelle unbedingt zu vermeiden ist. Der Schnitt wird mit kleinstmöglicher Schnittfläche rechtwinklig zum Ast, also schräg zur Baumachse ausgeführt

Regel Nr. 2) Wenn kein Astring erkennbar ist, war die gesamte Versorgung über die Assimilate dieses Astes sichergestellt. Wird dieser Ast geschnitten, muss die Versorgung des Wundkambiums von der Baumseite erfolgen. Folgt man an dieser Stelle der Regel einer möglichst kleinen Schnittfläche, wird der untere Teil des Schnittes oft unterversorgt. Gut versorgt ist das Wundholz am Rindengrat. Bei leicht schrägen Schnitten erkennt man daher oft eine tropfenförmige Kallusbildung durch die gut versorgten oberen Wundbereiche und Kambiumnekrosen im Versorgungsschatten. Die ungünstige Phase 3 des CODIT-Prinzips, also die Ausbreitung der Fäule hält damit länger an und die günstige Einkapselung wird später erreicht.
Schnittregel: Der Schnitt wird parallel zum Stamm durchgeführt. Dabei sollte zwar stammnah geschnitten werden, den gut versorgten Rindengrat sollte man aber nicht anschneiden.

 

Regel Nr. 3) Eingewachsene Rindenabschnitte neben oder oberhalb zu schneidender Äste können vielfach nicht vollständig überwallen. Dies liegt daran, dass der Wundrand im Bereich der eingewachsenen Rinde auch bei günstiger Schnittführung nicht versorgt werden kann. Durch den versuchten stammnahen Schnitt wird sehr häufig das Holz oberhalb des Astansatzes verletzt und es entstehen typische asymmetrische großflächige Wunden.
Schnittregel: Der Schnitt sollte in Abhängigkeit der Ausbildung möglichst stammnah und rechtwinklig zum Ast oder stammparallel durchgeführt werden. Eine Verletzung des Stammgewebes gegenüber dem Rindeneinschluss ist dabei unbedingt zu vermeiden.

 

Regel Nr. 4) Um z.B. eine V-Zwieselbildung zu vermeiden wird von zwei gleichrangigen Ästen an einer Vergabelung ein Ast entnommen. Die Notwendigkeit dieser Schnitte ist stets genau zu prüfen, da dem Stämmling in der Form die Hälfte des nachfolgenden Kronenvolumens genommen wird. Bei Stämmlingen oder Starkästen sind Alternativen zu suchen. Bei schlecht abschottenden Baumarten sollte man den Schnitt bereits bei Grobästen über 5 cm Astdurchmesser vermeiden. An größeren Schnittwunden bilden sich gegenüber dem verbleibenden Ast stets Versorgungsschatten. Durch die daraus resultierenden großflächigen Kambiumnekrosen, werden diese Schnitte selten vollständig eingekapselt und bedeuten eine dauerhafte und schwerwiegende Holzschwächung. V-Zwiesel müssen nicht zwangsläufig kritisch sein und sind beispielsweise bei manchen Ahornarten habitustypisch. Mit dem Ziel diesen `Defekt´ zu entfernen, kann ein dauerhafter und viel schwerwiegenderer Schaden angerichtet werden.
Schnittregel: Nur wenn eine vollständige Entnahme nicht vermeidbar ist, hat der Schnitt abgeschrägt in Richtung des verbleibenden Astes zu erfolgen. Den Rindengrat sollte man dabei nicht verletzen. Vorbeugende ähnlich lautende Schnittmaßnahmen im Feinast oder im dünnen Schwachastbereich bei der Jungbaumpflege sind i.d.R. eher unkritisch, sollten aber nach dem gleichen Muster durchgeführt werden.

Regel Nr. 5) Mit dem Schnitt auf Zugast bzw. Schnitt auf Versorgungsast soll ein Ast stark reduziert werden ohne das Absterben durch Unterversorgung zu erzwingen. Diese Schnitttechnik wird eher in der Kronenperipherie oder im Schwachastbereich, z.B. bei statisch notwendiger Kroneneinkürzung angewendet. In der Praxis häufig beobachtete Schnitte im Grob- und Starkastbereich erinnern eher an Kappungen oder Kronensicherungsschnitte und der verbleibende Versorgungsast wird nicht selten deutlich zu klein gewählt. Die Ast- und Wundrandversorgung steht dabei auf dem Spiel und Kambiumnekrosen im Versorgungsschatten sind unumgänglich.
Schnittregel: Ohne den Rindengrat zu verletzen schneidet man den zu entnehmenden Ast schräg zum Zugast ab. Wichtig ist das Größenverhältnis dieser Äste. Der Zugast sollte im Durchmesser mindestens 1/3 vom Durchmesser des abzuschneidenden Astes aufweisen.

WENN DER `VERSORGUNGSAST´ NUR NOCH EINE
ALIBIFUNKTION ERFÜLLT MUSS DER SACHVERSTÄNDIGE DIES ALS
KAPPUNG EINSTUFEN
Unsinn von Baum-Kappungen
In der ZTV-BAUMPFLEGE 2006 der ausdrückliche Hinweis, dass Kappung keine fachgerechte Maßnahme ist. Damit gehen die Verfasser der Richtlinie ausdrücklich auf eine Arbeitsweise ein, die es gar nicht geben sollte! Dem Laien wird scheinbar plausibel suggeriert, dass man aus dem großen, störenden Baum ja einfach einen kleinen machen könne. Der lukrative Auftrag ist dann schnell vereinbart, denn in den ersten 10 Jahren fallen wenige Nachteile einer Kappung auf. `Leider´ können Buchen schnell mal mehrere Hundert Jahre alt werden und die 5 - 10 problemlosen Jahre werden zum Augenblick.
Was danach kommt, freut denselben Baumpfleger, denn Buchen sterben kurzfristig ab oder entwickeln Reïterate. Diese sind jedoch weniger gut angebunden, die alten Schnittwunden faulen nachhaltig ein und können nicht eingekapselt werden. Eine ehemals gekappte Krone kann damit nach wenigen Jahren statisch äußerst problematisch werden. Der einzige (für den Moment günstigste) Weg scheint eine erneute Kappung mit gleichbleibenden Problemen – ein Teufelskreis!
Wenn ein Zeitraum von 20 Jahren betrachtet wird, steigen die Baumpflegekosten auf ein zig-Faches. Leider muss man feststellen, dass sogar manche Kommunen diesen Weitblick nicht haben und der `Problembaum´ wird nach wenigen teuren Jahren aus verkehrssicherheitstechnischen Gründen gefällt.