Jungbaumpflege

Kostengünstige Jungbaumpflege in der Vegetationszeit mit kleinen Spezialteams
In den ersten Jahren beeinflusst der Baumpfleger mit seiner Schnittausführung den Wert des Baumes und die Kosten des gesamten Baumlebens. Dabei muss er vom ersten Schnitt an die Funktion des Baumes im Blick haben, Besonderheiten des Umfeldes berücksichtigen und Schnittfehler vermeiden. Die Arbeitseinteilung und Planung der Jungbaumpflege verfolgte in den letzten Jahrzehnten das Ziel die Kosten gering zu halten. Hier hat man für die Erziehungs-, Aufbau- und Lichtraumprofilschnitte stets in zu großen Intervallen gearbeitet. Dies beruht auf der Fehlannahme, dass jeder fachgerechte, kleinteilige Baumpflegegang mit dem gleichen Arbeitsaufwand verbunden sei, wie die praktizierte umfangreiche Aufastung. Die zu entnehmenden Äste haben dann oft beachtliche Durchmesser erreicht und das Ziel der vollständigen Einkapselung nach CODIT-Prinzip (Phase 4) wurde häufig verfehlt. Das FLL-Regelwerk EMPFEHLUNGEN FÜR BAUMPFLANZUNGEN, TEIL 1 [3] hat dies insbesondere mit Blick auf Alleebäume ergänzt.
Die Arbeitsplanung muss für die Jungbaumpflege – besonders bei Straßenbäumen – mit einem Intervall von zwei (bis drei) Jahren kalkulieren. Neben der allgemeinen Berücksichtigung von Konkurrenztrieben und Fehlentwicklungen ist der Lichtraumprofilschnitt zu fokussieren. Oft wird vergessen, dass der bei der Pflanzung sichtbare Kronenbereich und die Seitenäste an manchen größeren Straßenbäumen im Alter vollständig entfernt wurden, um den Lichtraum von rd. 4,50 m über den Straßenkörper sicherzustellen. Mitschuld daran ist die Schleppenbildung einiger Arten. In der Vergangenheit musste man beobachten, dass jungen Straßenbäumen nach vielleicht 10 Jahren die unteren Äste abgeschnitten wurden. Als Aufastung bezeichnete Maßnahmen entfernten konsequent Starkäste am Stamm. Bei Ahornen, die oft mehrere Äste auf gleicher Stammhöhe ausbilden, ist diese Schnitttechnik desaströs. Vor dem fehlinterpretierten Hintergrund der Schleppenbildung wurden teilweise an alten Straßenbäumen weitere ein bis drei Meter aufgeastet. 

Werden diese Regeln im Idealfall in den ersten 15 Jahren konsequent verfolgt, so werden die Unterhaltungskosten der Bäume in der Reifephase wesentlich herabgesetzt. In der Schlussphase der Herstellung wird der Baum noch drei Mal im dreijährigen Rhythmus gepflegt, womit in den ersten 25 Baumjahren je nach Baumart ca. 10 Pflegegänge nötig werden.
Die Umsetzbarkeit für den Bauhofbetrieb ist deutlich einfacher, als das kurze Pflegeintervall vermuten lässt. Schließlich darf man nicht vergessen, dass an vielen Bäumen vielleicht ein bis drei Äste entfernt werden. Konkurrenztriebe bzw. Vergabelungen werden bereits im ersten Pflegegang entfernt und betreffen nicht selten denselben Ast. Wenn man bei konventioneller Aufastung für drei bis vier Pflegegänge in den ersten 25 Jahren 45 Minuten einplanen muss, sind es bei konsequenter Umsetzung des niederländischen Konzeptes, durchdachtem Werkzeugeinsatz und geschultem Personal 5 – 10 Minuten. In Summe bedeutet dies einen Einsatz von mindestens 135 Minuten am aufgeasteten Baum und nur maximal 100 Minuten am Baum nach niederländischem Konzept. Betrachtet man nun die gesamte Baumpflege in zu erwartenden 80 – 100 Jahren, kommt ein beträchtlicher Unterschied zugunsten dieses Pflegekonzeptes zusammen, da größere Fäulen, Defekte und Schäden reduziert werden und entsprechende Erhaltungs- und Unterhaltungskosten reduziert werden oder entfallen.
Schadensbilanz durch unsachgemäße Baumpflege
Trotz aller Erkenntnisse über günstige und ungünstige Schnittzeitpunkte wird bis in den späten März hinein geschnitten was das Zeug hält. Ein Vorwurf gegen den Baumpfleger oder Einsatzplaner ist trotzdem nicht angebracht. Fremdvergebene Maßnahmen werden nicht selten ganzjährig ausgeführt, der Artenschutz `zwingt´ zur Winterarbeit und nicht mehr fertiggestellte Leistungen werden noch beendet. Vor allem Arbeiten, die mit betriebseigenem Personal durchgeführt werden, folgen schlicht der Logik der freien Kapazitäten. Die Baumfällungen stehen wegen der Deadline bis Ende Februar in der Dringlichkeit ganz oben und weil die Fahrzeuge und das Personal dann für `Baumarbeiten´ ausgerüstet sind, folgt die Kronenpflege auf den Fuß.
Mit falscher Schnitttechnik durchgeführte Aufastungsarbeiten in der falschen Jahreszeit werden die Probleme für morgen geschaffen. Die Kommune, die ihren Baumbestand ab sofort perfekt pflegt wird erst in 20 oder 30 Jahren wesentliche Kostenreduzierungen in der Unterhaltung feststellen. Die Planer und Fachleute müssen dies deutlich und selbstbewusst vertreten, denn den Kämmerern interessieren eher die Kosten eines überschaubaren Zeitraums. Erschwerend kommt hinzu, dass eine zögernde oder halbherzige Umsetzung der Pflegekonzepte Unsicherheiten mit sich bringt. Die Kostenersparnis der Herstellungspflege wird dann nicht erreicht und die Fehlerquote bleibt auf einem hohen Niveau. Denn eines sei auch klar: Den Mitarbeiter nervt nichts mehr, als widersprüchliche Dienstanweisungen.
Modern arbeitende Betriebshöfe, die ihre Mitarbeiter fachkompetent informieren, aus- und weiterbilden, werden jedoch sehr kurzfristig erste Erfolge im Zeitmanagement feststellen. Zunächst ungewohnte Kolonnenkonstellationen werden sich etablieren und die Arbeitsergebnisse werden sich sehen lassen können. Die Früchte seiner konsequenten Arbeit als `Reformer´ wird der Bauhofleiter leider erst nach Jahrzehnten ernten, wenn man die gesunden und optisch ansprechenden Bäume im Bestand sieht. Vielleicht ist dann aber eine herausragende Allee dabei und auch Laien erkennen und respektieren diese Arbeit.

Das niederländische Konzept

Das niederländische Konzept der Jungbaumpflege kann hier die Lösung sein. Der Baumpfleger muss sich über die Baumart erkundigen und die Schleppenbildung der Art einschätzen. Mit diesen Informationen legt er eine Zielhöhe fest, ab der von seitlichen Ästen keine Einschränkung des Lichtraumprofils zu erwarten ist. Der Bereich unter dieser Zielhöhe wird Aufastungszone genannt. Jetzt erkennt man, dass es sich bei der Krone des gepflanzten Hochstammes mit einer Höhe von vielleicht 5 - 6 m oftmals vollständig um eine temporäre Krone handelt.

Regeln

Systematisch ermittelt der Baumpfleger nun vor Ort der Reihe nach:
1. Konkurrenztriebe? Triebe, die mit dem Leittrieb konkurrieren müssen entfernt werden.  
2. Vergabelungen, Verzweigungen, eingewachsene Rinde oder sonstige ständige Defekte entfernen.
3. Lichtraumprofil nach folgenden Regeln bearbeiten!


1. Regel: Je nach Baumart darf nicht mehr als 20 % der Blattmasse in einem Schnittdurchgang entfernt werden (nur bei besonders wüchsigen Arten 30 %).

2. Regel: Die dicksten Äste im Bereich der gesamten Aufastungszone (i.d.R. bis 5 oder 6 m, je nach Art) werden zuerst entfernt. In der Praxis befinden sich die stärksten Äste oft im mittleren Bereich der Aufastungszone und beim nächsten Schnitt kann ein starker Ast den kritischen Durchmesser von 5 cm bereits überschritten haben.

3. Regel: Überlappungseffekte vermeiden! Es sollen keine unmittelbar nebeneinander, übereinander oder gegenüber liegende Äste entfernt werden. Diese Regel verbietet das klassische Aufasten, da insbesondere gegenüberliegende Schnittwunden schlecht eingekapselt werden können. Nebeneinander und übereinander liegende Schnitte erzeugen Versorgungsschatten und Kambiumnekrosen können entstehen.

4. Regel: Es werden immer ganze Äste entfernt. Das macht den Schnitt sehr effizient. Nur in Ausnahmefällen kann es sinnvoll sein, mit Rücksicht auf die entfernte Gesamtblattmasse einen Ast lediglich zu kürzen, damit dieser das Dickenwachstum reduziert.